Sand im Getriebe – Bezirksrat Prof. Dr. Klaus Weber zieht Bilanz

Denis Holl, DIE LINKE. Traunstein.BGL

Traunstein (dh) – Am Freitag, den 16.06.23 folgte Prof. Dr. Klaus Weber, seit 2018 Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Oberbayerischen Bezirkstag, der Einladung der beiden Stimmkreiskandidierenden Denis Holl (Landtag) & Manuale Pertl (Bezirkstag) nach Traunstein und berichtete über die Arbeit seiner Fraktion im Oberbayerischen Bezirkstag.

„Das Wichtigste, was wir seit Einzug der LINKEN in Fraktionsstärke 2018 erreicht haben, ist, dass wir die dort bislang bestehende Harmonie der Desinteressierten gestört haben“, eröffnete Weber die Veranstaltung im Sailer Keller, zu der gut ein Dutzend interessierter BürgerInnen gekommen waren. „Und wir haben vom ersten Tag an richtig gearbeitet“, so Weber weiter. Weber beschrieb das Arbeitspensum der Fraktion u.a. damit, dass durch sie in den letzten 5 Jahren alleine 190 Anfragen und 60 Anträge (ca. 75% zum Thema Behinderung; 20% zu Heimat und Kultur und 5% zu Sonstigem) gestellt wurden.

Zum Vergleich: Die CSU hat im gleichen Zeitraum 3 Anträge gestellt (zu einem Denkmalschutzpreis in Oberbayern z.B.), die SPD eine einzige Anfrage und keinen Antrag; die Grünen wohl 10 bis 15 Anträge (thematisch überwiegend zum Thema Bienen und E-Autos und nur einen zu einem sozialen Thema); die Freien Wähler: 0 und 0, ebenso die AfD: Bilanz Totalausfall.

Weber berichtete auch über das zentrale Anliegen der LINKEN im Bezirkstag, insbesondere für die Bürger*Innen in Bayern mit Eingliederungshilfebedarf (Menschen mit Teilhabeeinschränkungen) Etwas erreichen zu wollen. „Die Leistungen der Mobilitätshilfe wurden seit Einzug der LINKEN in den Bezirkstag verdreifacht, auf unseren Antrag hin können behinderte Menschen mit den Leistungen der Mobilitätshilfe auch Ihre Angehörigen besuchen – das war Ihnen lange Zeit – ja, man kann es nicht anders sagen – verboten“.

Zur Wahrheit gehöre aber auch die große dunkle Seite der Medaille: „Es sind gegenwärtig über 1000 Klagen gegen Entscheidungen des Bez. Obb. am Sozialgericht München anhängig. Z.B. wurde einem Leistungsberechtigten – ohne Vorankündigung – die bislang gewährte 24-Std.-Assistenz auf 12 Stunden zusammengestrichen, ein Skandal der Seinesgleichen sucht“, so Weber. Inklusion gescheitert, könnte man daraus schließen.

Weber erlebt die Allianz der anderen im Bezirkstag vertretenen Parteien dabei häufig als Zumutung: „Bezirkstagspräsident Mederer (CSU) lehnt fast alle Anträge der LINKEN (mit Unterstützung aller anderen Parteien) ab. Sie werden als "erledigt" bezeichnet, weil er einen Brief schreibt, in dem es heißt, die Anträge seien von keiner "großen Bedeutung". Für die Behinderten sind sie das jedoch schon: Verbesserung der PKW-Hilfe, Streichen der Nachweispflicht in der Eingliederungshilfe usw.“, summierte Weber auf.

„Manchmal kann man den Eindruck gewinnen, dass die Demokratie im Bezirkstag insgesamt als beerdigt gilt: „Bei Diskussionsbeiträge der linken Fraktion wird uns vom Präsidenten das Mikrofon abgedreht, sodass wir im Plenum und in den Ausschüssen kaum mehr zu Wort kommen. Anfragen der LINKEN werden als fehlerhaft bewertet oder mit der Floskel "Dazu liegen keine Daten vor" beantwortet. Dabei drehen sich fast alle Anfragen um die Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung. Wie können dazu keine Daten vorliegen ?“.

Auch im Bereich Kultur und Heimat gebe es Einiges, was man in der heutigen Zeit nicht mehr verstehen kann und mag: „Die LINKE fordert u.a., dass laut Denkmalschutzgesetz die Einkommensstärksten sowie die Kirchen dazu verpflichtet werden, ihre Denkmäler aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Die Erzdiözese München-Freising besitzt 6 Milliarden Barvermögen (plus Immobilien) und wird vom Bezirk nach wie vor gefördert: Selbst die GRÜNEN haben nichts gegen diese Förderung. Keine Partei stimmte den Anträgen der LINKEN in diesem Bereich zu, das ist uns vollkommen unverständlich und ein Skandal“,  ärgerte sich Weber.

In der Sportförderung gebe es ähnliche Beispiele: „Millionäre eines Tennis-ATP-Turniers in Oberbayern erhalten vom Bezirk eine Förderung für ihre Preisgelder und Pokale und im selben Monat ist im Haushaltsplan eine Millionenkürzung bei der Mobilitätshilfe für Behinderte zu verzeichnen, das kann doch kein Zufall sein !“, fasste Weber zusammen.

Mit den Zuschüssen des Bezirks Obb. an den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge werden auch Grabstätten hochrangiger Nationalsozialisten gepflegt. Ein Antrag der LINKEN, den Volksbund künftig nicht mehr pauschal zu bezuschussen, sondern die Zuschüsse gezielt in die Jugendarbeit des Volksbundes, die sich dem Ziel der Völkerverständigung widmet, zu investieren, erntete einhellige Ablehnung im Plenum.

„Gleichwohl, wir geben nicht auf – es ist wichtig, dass es uns im Bezirkstag gibt“, gab Weber zum Schluss der Veranstaltung eine positive Zusammenfassung der bisherigen Arbeit der Fraktion der LINKEN und einen Ausblick in die Zukunft gleichermaßen. „Durch unseren stetigen Druck und Antragstellungen legen wir den Finger immer wieder in die Wunde. Wir erfahren eine immense Unterstützung der Interessensvertreter der Menschen mit Teilhabeeinschränkungen, wie auch der Wohlfahrtsverbände, die z.B. im Sozialausschuss vertreten sind und Stimmrecht haben“. Hinter vielen vorgehaltenen Händen von VertreterInnen anderer im Bezirkstag vertretener Parteien außerhalb des Plenums heißt es häufig anerkennend: Weitermachen, ohne Euch gerät keine Bewegung in die Sache“.